Die Angst vor dem Scheitern und der sozialen Verachtung


Seit einiger Zeit plagen mich gewisse Albträume. Morgens wache ich dann mit angeschwollenen Augen auf und gehe das Geträumte noch einmal durch. Enttäuschte Eltern und eine gescheiterte Karriere stehen mir gegenüber. Ich habe im Leben versagt und meine Träume und Ziele sind mir missglückt. Es ist die Angst vorm Scheitern, die mich bedrückt und sie ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wir Menschen haben so sehr Angst davor, in unseren Bestrebungen zu versagen, dass wir uns den Weg zum Ziel aktiv selbst erschweren. Vielleicht nicht bewusst, sicherlich aber aktiv.

Jeder Mensch hat Ziele im Leben. Das Neugeborene sucht die Brust der Mutter, das Kind trachtet nach der Aufmerksamkeit seiner Eltern und der Erwachsene nimmt vor, Karriere zu machen. Das Leben geht einzig und allein voran, wenn man sich Ziele setzt, denn nur das Erreichen der Ziele bewirkt persönliche Weiterentwicklung und vollste menschliche Befriedigung. Daraus ist zu entnehmen, dass die Zielsetzung etwas Positives ist, gewiss. Allerdings kann das Positive schnell in Negatives und Erdrückendes umschlagen. Natürlich gilt dies nicht für Säuglinge und Kleinkinder. Diese bleiben unverschont von den Sorgen. Es sind die Erwachsenen, die sich selbst im Wege stehen und aufgrund ihres Intellekts und ihrer Umwelt beginnen, an ihren Zielsetzungen zu zweifeln. 

Der Erwachsene hat Versagensangst. Er hat sich Pläne gemacht, arbeitet auf etwas hin und empfindet nun Sorge darum, diese Pläne nicht umsetzen zu können. Aber ist es wirklich die Angst um den Misserfolg, die den Menschen belastet? Es ist wohl eher die Angst vor sozialer Verachtung und anbahnender Enttäuschung. Um das eigene Glück, die eigene Zufriedenheit und den eigenen Stolz sollte es gehen. Aber zu oft ist der Fokus auf die Umwelt gerichtet. Man passt sich den Erwartungen anderer Menschen an und das Wohlbehagen ist immerzu abhängig von deren Reaktionen. Es ist ein ewiger Teufelskreis von Reiz und Reaktion, Erwartung und Handlung. Nicht jeder Mensch kann sich nun mit dem Geschriebenen identifizieren und diesem sei Lob geschenkt, dennoch trifft es auf die Mehrheit zu. Und so sollte es nicht sein. 

Neugeborene sind in vielerlei Hinsicht des Erwachsenen Vorbild. Sie empfinden keine Angst vor dem Scheitern, sondern handeln, ohne an die Konsequenzen und erst recht, ohne an die Meinung anderer zu denken. Frustrationstoleranz spielt dabei ebenso eine Rolle. Ein Fall bedeutet sofortiges Wiederaufstehen. Man gibt nicht auf, sondern kämpft weiter bis das Ziel erreicht ist. Daran können wir uns Erwachsenen ein Beispiel nehmen. Das Leben besteht nicht aus aneinandergereihten Erfolgen. Es sind die Misserfolge, aus denen der Mensch Erfahrung und Lehre zieht. Es sind die Misserfolge, die den Menschen formen und prägen. Wie der deutsche Dichter Jean Paul sagt: "Gegen das Fehlschlagen eines Plans gibt es keinen besseren Trost, als auf der Stelle einen neuen zu machen." Harte Arbeit und Disziplin zahlen sich aus und es wird der Tag kommen, an dem die Bemühungen Früchte tragen. Der Mensch sollte daher nicht ständig an das Morgen denken, sondern das Jetzt auskosten. Warum Gedanken an die Zukunft verschwenden, wenn der Gegenwart doch so viel mehr Bedeutung zuzuschreiben ist.

Keine Angst vor den Konsequenzen, keine Angst vor dem Scheitern und keine Angst vor anderer Menschen Reaktionen – dies ist das Dogma, welches ich aufstelle. 

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