Verliebt in eine Illusion - Wie wir Opfer unserer eigenen Fantasie werden

Eine Illusion ist eine „beschönigende, dem Wunschdenken entsprechende Selbsttäuschung über einen in Wirklichkeit weniger positiven Sachverhalt“. Man kann dies etwa gleichsetzen mit einer Fantasievorstellung. Menschen fantasieren, träumen und idealisieren. Und das ist bis zu einem gewissen Grad auch okay oder sogar wünschenswert - solange die Grenze nicht überschritten wird.  

 

Allerdings verleitet das menschliche Pathos einen doch dazu, diese Grenze zu überschreiten. So auch in der Liebe. Und vor allem wir Frauen werden meist irgendwie davon mitgerissen und festgehalten. Wer hat nicht geweint als Rose Jack in die Tiefen des Ozeans schickte oder als der Anruf über den Tod von Augustus Waters kam? Die ein oder andere Träne wurde gewiss vergossen. Aber warum? Weil die Charaktere nun mal perfekt waren. Jack Dawson war nicht nur unglaublich attraktiv, sondern auch charmant, humorvoll und leidenschaftlich. Und auch Augustus Waters hat uns mit seinem Selbstbewusstsein, seiner Gelassenheit und seinen besonderen Blick auf die Dinge mitgenommen.  

 

Leichtsinnig schwärmen wir über die Charaktere und im Nu kommt es dazu, dass wir nicht mehr von Jack Dawson und August Waters schwärmen, sondern von Leonardo DiCaprio und Ansel Elgort. Wir kriegen es nicht einmal mit, wie wir die Charaktere mit den Schauspielern gleichsetzen, denn das Verfallen Sein hat uns schon längst überkommen. Nun sind es nicht mehr die Film-Charaktere, die so makellos und perfekt sind. Jetzt sind es reale, wirklich lebende Personen. Wir projizieren die Charaktereigenschaften erfundener Figuren auf reale Menschen.  


Die hervorgehende Konsequenz dieser Projektion sind Erwartungen. Erwartungen an seinen Partner. Vorzugsweise soll dieser 1,9m groß sein, umwerfendes Haar besitzen und darüber hinaus über einen Charakter aus Gold verfügen. Und genau hier liegt das Problem. Wir sind verliebt in eine Illusion - in eine Fantasie. Diese Charaktere, diese IDEALE existieren so in der Realität nicht und es ist tatsächlich lächerlich, darauf hinzuweisen, weil es im Nachhinein so offensichtlich ist. Aber wiederum auch nicht, denn wir träumen und vergessen die Wirklichkeit.  


Wir werden mit künstlichen Figuren konfrontiert und nur ein Teil derer Leben wird uns offenbart. Im Unterbewusstsein wissen wir dies auch, dennoch lassen wir uns immer wieder mitreißen, um irgendwie Teil des Geschehens zu werden und einen Moment lang das Gefühl von wahrer Liebe zu spüren - wenn sie überhaupt existiert. Wir haben nun mal einen Crush. Einen Crush, der uns so sehr crusht, dass wir den Bezug zur Wirklichkeit verlieren. Schade darum, dass wir umso öfter der Fantasie nachjagen, anstatt uns unserem eigenen Schicksal zu widmen.  

Daher wäre es nicht allzu schlecht von uns Frauen, mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben und die „Männer der Wirklichkeit“ so schätzen zu lernen, wie sie sind. Denn sie haben’s genauso schwer wie wir Frauen, wenn nicht sogar schwerer. Die Kunst liegt darin, das Temporäre schätzen zu lernen und zur Wirklichkeit zurückzufinden - zu eigenen Gunsten. Wir können uns in dem Versuch verlieren, unser Leben nach einer Fantasie zu gestalten, nur um festzustellen, dass wir unserer eigenen Herzensbrecher sind.  


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