Der Narr und die Liebe

Ich habe geliebt, heftig geliebt. Ich habe mich leichtsinnig in die Liebe gestürzt und mich dieser hingegeben. Ich habe die Liebe Besitz von mir ergreifen lassen, sie zugelassen und akzeptiert. Und für einen Augenblick habe ich sie genießen können. Das Herz rast, der Magen spielt verrückt und die Gedanken drehen sich einzig und allein um die eine Person. Man hofft, dass es dieser genauso ergeht. Dass sie durch dasselbe Glück und denselben Schmerz geht, sie genauso empfindet wie man selbst. Doch dem ist nicht so. Einer liebt bekanntlicherweise immer mehr. Und es ist nur eine Frage der Zeit, bis derjenige an der Liebe zerbricht. 

 

Der Liebe gibt man die Schuld für den Schaden und den Schmerz. Der Liebe ist es zu verantworten, dass dem Herzgebrochenen Leid angetan wird, die Person Tränen vergießt und seelisch gekränkt ist. All negative Erinnerungen bürdet man der Liebe auf. Man verabscheut sie, da man in ihr den Verursacher der Zerstörung erkennt. Ist dies allerdings die wahrhaftige Erkenntnis? Ist es der Liebe gegenüber gerecht, dieser alleinig die Schuld anzuhängen? Dies wäre gewiss naiv. 

 

Nur ein Narr würde der Liebe Vorwurf und Verachtung geben. Ein Narr läuft vor der Wahrheit weg und begibt sich dem einfachsten Pfad: dem Pfad der Lüge. Die Lüge ist anspruchslos, simpel und bequem. Sie ist die Ausflucht vor der Realität. Der Mensch freundet sich mit der Lüge an und entflieht der Konfrontation. Doch auch der Pfad der Lüge hat irgendwann ein Ende. Früher oder später trifft der Mensch auf die Sackgasse und ist gezwungen, der Lüge den Rücken zu kehren. Dann enthüllt die Lüge seinen Kern der Wahrheit. Und selbst die stärkste Lüge kann der Wahrheit nicht standhalten, da die Wahrheit niemals aufhört, Widerstand zu leisten. Also kapituliert der Narr und stellt sich der Wirklichkeit. 


Nicht die Liebe ist der Übeltäter, vielmehr sind es der Liebende oder Geliebte. Vor dieser Tatsache rennt der Mensch weg und macht sich damit zum Narren. Aus Angst vor einem weiteren Sturz in die Tiefe gibt er der Liebe und sich selbst keine Chance mehr und stürzt sich in kurzzeitige, bedeutungslose Affären, mit der Hoffnung, dass diese die tatsächlichen Belange nach wahrhaftiger Liebe sättigen. Dies ist jedoch ein Trugschluss. Das Bedürfnis nach wahrer Zuneigung und Liebe bleibt beständig und keine Affäre kann dieses Bedürfnis stillen. 

 

Der Mensch muss sich dessen bewusst werden. Das ist er sich selbst schuldig. Jedes Individuum verdient das Glück auf Liebe und an ein, zwei oder drei Fehlschlägen darf es nicht liegen, kein weiteres Mal von der wahrhaftigen Liebe zu kosten. Man muss die Angst fallen lassen und lernen, sich wieder zu öffnen, den Menschen gegenüber zu bekennen, denn tut man das nicht, wird das ständige Bedürfnis nach Liebe unerfüllt bleiben und eine gewisse Leere hinterlassen, die dem Glauben an das eigene Glück die Luft nimmt. Der Mensch muss Selbstreflektion praktizieren, nach dem wahren Grund des Scheiterns der Liebe trachten. Ohne diese Auseinandersetzung droht er, in die nächste Falle zu treten. Ich sage nicht, dass man nach der Liebe suchen soll, aber man ihr gewiss eine Chance geben mag, wenn man sie findet. Warum ist der Mensch so dumm, die Liebe abzuwehren, wenn er doch weiß, dass er ohne sie nicht leben kann? 

 


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